Wer sich mit einem Titel schmücken darf
Kleine Zeitung, 27. September 2022
Daniela Bachal
Ein Adelsprädikat im Namen macht schon etwas her. Warum man damit 20.000 Kronen Strafe riskiert und womit sonst zu rechnen ist.
In den vergangenen Wochen war es wieder besonders lebendig: das (nicht nur) österreichische Interesse an Königshäusern und die Begeisterung für den alten und jungen Adel. Und manch eine*r hat dabei wohl wehmütig an die Zeiten gedacht, als man auch hierzulande noch mit einem „von“ und „zu“ im Namen reüssieren konnte. Seit dem Adelsaufhebungsgesetz vom 3. April 1919 ist damit aber Schluss.
Doch wie ernst gemeint ist dieses Gesetz mehr als 100 Jahre nach seiner Einführung? Riskiert man mit einem erfundenen Adelstitel, den man öffentlich verwendet, eine Strafe? Und sind von früher hergeleitete Adelstitel vielleicht doch noch erlaubt?
Historische Strafen und ihre Gültigkeit heute
„Paragraf zwei des Adelsaufhebungsgesetzes regelt die Strafe, die bei der rechtswidrigen Verwendung von Adelsprädikaten verhängt werden darf. Das Kuriose daran ist, dass die Strafe im Originaltext des Gesetzes mit höchstens 20.000 Kronen oder einem halben Jahr Freiheitsstrafe bemessen ist – und seitdem keine Novellierung durchgeführt wurde“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Stefan Schoeller.
Diese Kuriosität hat zur Folge: „Das Führen eines Adelshinweises ist zwar grundsätzlich verboten, die zu erwartenden Geldstrafen sind aber völlig wirkungslos, weil es Kronen in unserer Währung nicht gibt – sodass nur der unbelehrbare Wiederholungstäter eine mögliche Haftstrafe fürchten müsste.“
Tatsächlich gab es im Jahr 2019 eine Verurteilung des Herrn Karl Habsburg-Lothringen, weil dieser seinen Internetauftritt mit der Domain „karlvonhabsburg.at“ versehen hatte. „Er wurde dafür in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 70 Euro verurteilt. Der von ihm angerufene Verfassungsgerichtshof sprach schließlich aber aus, dass Herr Habsburg zwar offiziell verurteilt wurde, jedoch nicht zu einer Geldstrafe, da diese als nicht zeitgemäß betrachtet wurde – weil die Strafe nie angehoben wurde und eben auf Kronen lautete“, erklärt Schoeller.
Kreative Wege zum Adelstitel – oder doch nicht?
Es gibt auch seltsame Geschäftsmodelle, die etwa vorsehen, dass man in Schottland einen Quadratmeter Grund kauft, um sich dann „Earl“ oder „Lord“ nennen zu dürfen. Schoeller hält davon wenig: „Aus meiner Sicht hat das keine Rechtswirkung, das ist eine Spaßaktion.“
Anders ist der Sachverhalt bei Beispielen wie dem deutschen „Prinzen von Anhalt“, der durch seine hohe Webpräsenz auffällt. Hier kam ein deutscher Staatsbürger durch Adoption seitens einer adeligen Person zu seinem Titel. Warum das in Deutschland legitim ist?
„Im Zuge der Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919 wurden der Titel des Adels und die damit verbundenen Vorrechte zwar abgeschafft, dem Adel wurde jedoch das Privileg zugestanden, den ehemaligen Titel als Namenszusatz zum Familiennamen zu führen“, so Schoeller.
Und in Österreich?
Ein deutscher Staatsbürger, der rechtmäßig – also auch durch Adoption – sein Adelsprädikat im Nachnamen trägt, darf damit auch in Österreich auftreten – solange er Deutscher bleibt.
Österreicher*innen, die nun ebenfalls mit einer Adoption liebäugeln, um sich einen Adelstitel zu sichern, muss der Jurist allerdings enttäuschen: „Der Verwendung eines solchen durch Adoption erworbenen Titels in der Öffentlichkeit steht wieder das Adelsaufhebungsgesetz im Wege.“
In österreichischen Adelskreisen führt eine Adoption jedoch oft zu bekannten Doppelnamen. „Hier hat zum Beispiel ein Familienoberhaupt, das seinen Familienstrang vor dem Aussterben bewahren möchte, jemanden aus einer anderen Adelsfamilie adoptiert. Dies bringt die Führung des Doppelnamens mit sich“, erklärt Schoeller.